Je mehr man weiß, desto schwieriger wird es
Je mehr man sich informiert, desto mehr Fragen ergeben sich. Und je mehr man weiß, desto auswegloser scheint die Situation.
Mir bammelt es vor Sonntag. Ich muss wählen gehen. Bis jetzt habe ich keine Alternative gefunden, die ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann. Mir graut es vor dem Moment zwei Kreuze setzen zu müssen.
Ich weiß nicht, wen ich wählen möchte. Je mehr ich mich informiere, desto schwerer fällt mir die Entscheidung.
Blindheit ist auch kein Ausweg
Nicht nur die Entscheidung wird schwerer, auch mein Herz.
Nicht nur aufgrund der Bundestagswahlen habe ich mich mit einigen kritischen Fragen der Politik und der Welt beschäftigt. Schnell merkte ich, dass es nicht nur „die da oben“ oder „die da drüben“ etwas angeht.
Ich verstehe, dass manche sagen, sie wollen gar nicht so genau wissen, was in dieser Welt vor sich geht. Je mehr man weiß, desto auswegloser erscheint einem die Welt. Doch Blindheit ist auch kein Ausweg.
In diesem Post möchte ich nicht direkt über politische Themen diskutieren. Ich möchte über das Gefühl schreiben, das bei diesen Diskusionen für mich am Ende übrig bleibt:
Das Gefühl der Ausweglosigkeit.
Ausweglos: Diese Welt funkioniert nicht.
Es gibt keine Lösung für all die Probleme dieser Welt.
Schuldfragen bleiben ewig offen, Verantwortungen werden hin und her geschoben, man sucht Verbündete und Gegner, so wie es gerade am besten in den Kram passt. Das Chaos ist komplett. Der Westen versucht eine Fassade aufrechtzuerhalten die mehr als bröckelt.
Sarkastisch könnte man mit Sido singen: „Hurra, diese Welt geht unter.“
Ausweglos.
Ich frage mich was das bedeutet.
Neben der Frage, wen ich wählen soll, beschäftigt mich tiefgehender wie ich diese Welt und mich in ihr sehe.
Kann ich von Tötungslagern in Lybien, von Völkermorden in Myanmar, vom gezielten Töten als „Reinigungsdelikt“ auf den Philippinen wissen und doch die Augen verschließen?
Neben all dieser Grausamkeit erscheint die Erwähnung alleinerziehender Eltern und alleingelassener Großeltern in Deutschland wie eine Banalität.
Sie ist jedoch für den Betroffenen schwere Realität.
Sie sagt uns auch: Wir müssen nicht weit weg schauen um Hilfesuchende zu sehen.
Doch das Problem ist: Zu viele schauen einfach nur weg. Selbst in unserem eigenen Land.
Die Not ist zu groß!!
Ja es stimmt, die Not ist groß!
Ich kenne das Gefühl der Ausweglosigkeit in Anbetracht dessen. Und doch darf diese Not nicht in eine graue, undefinierte „Notmasse“ verschwimmen.
Die Not ist real und konkret.
Sie ist für jeden Einzelnen von uns greifbar. Meistens muss man dafür nicht einmal vor die eigene Haustür gehen.
Wenn wir einem Menschen in seiner Not begegnen, entzerren wir die große, undefinierte Masse der Not dieser Welt. Wir machen das Leben eines Menschen heller.
Ausweglosigkeit kann zu Angst führen
Das Gefühl der Ausweglosigkeit kennen viele. Ich weiß es, denn dieses Gefühl wird genutzt um Angst zu schüren. Wenn Ausweglosigkeit zu Angst führt, dann bleibt die Barmherzigkeit auf der Strecke.
Jesus beschrieb seinen Nachfolgern kurz vor seinem Tod, dass schwere Zeiten auf sie zukommen werden. Er beschönigte weder, noch machte er Angst. Er eröffnete ihnen einen realistischen Blick und gab ihnen dadurch Mut und Hoffnung:
Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ Johannesevangelium 16,33
Wenn wir Angst schüren lassen verdrängen wir Gottes Geist.
Viele Stellen der Bibel beschreiben, dass Angst nicht von Gott kommt.
Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ 2. Timotheus 1, 7
Jesus möchte uns in dieser Welt gebrauchen
Jesus wusste, dass die Welt nicht funktioniert. Niemals versprach er Frieden auf Erden. Seinen Nachfolgern sagte er sogar das Gegenteil voraus: Sie würden es schwerer haben, wenn sie die Welt und ihr Leben aus Jesu Perspektive sehen wollen.
Jesus sagt, wir seien Salz und Licht der Welt. Salz und Licht zu sein ist kein Zuckerschlecken.
Glauben wir wirklich dies könnte bedeuten wir sollen unser eigenes Wohlergehen im Fokus haben?
Jesus sagt: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Und auch den Umkehrschluss spricht Jesus aus: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.“
Hilfe nur für Christen?
Könnte Jesus mit dem Gebrauch des Wortes „Brüder“ sich hier nur auf andere Christen beziehen? Unsere Mithilfe könnte demnach nur für andere gläubige Christen gefordert sein?
Es wäre viel getan, wenn wir Christen auch nur so weit gehen würden!
In den Evangelien der Bibel können wir von so vielen Stellen lesen, wo Jesus heilt und den Nöten seines Gegenübers begegnet ohne nach dessen Glauben zu fragen. Der Glaube an ihn entwickelt sich durch diese Begegnungen.
Die Formulierung des Umkehrschlusses in Vers 45 beinhaltet nicht mehr die Worte „geringsten Brüder“ sondern bezieht sich auf die „Geringsten“ im Allgemeinen.
Ich bin mir sicher, dass Jesu Blick sich nicht nur auf die Menschen beschränkt, die, wenn Du und ich ihnen begegnen, bereits an ihn glauben. Vielmehr bin ich überzeugt, dass Jesus dich und mich in jeder Situation nutzen möchte um seine Liebe für all die Geringsten dieser Welt auszuschütten.
Nachstenliebe
Daraufhin begegnen einige, dass sich die Nächstenliebe auf unser direktes Umfeld beziehen würde. Wir könnten schließlich nicht die ganze Welt im Blick haben. Jesus selbst habe sein Wirken auf Israel begrenzt und sei nicht ernsthaft über diese Grenzen hinaus gezogen.
Auch jetzt wäre viel bewirkt, wenn wir dies in die Tat umsetzen würden und unserem nächsten Umfeld mit Jesu Barmherzigkeit begegnen würden.
Jesus war bewusst, dass er als Mensch menschliche Grenzen hatte. Deswegen hat er diese Erde wieder verlassen, um durch seinen Geist mit seinen Jüngern in der ganzen Welt wirken zu können. Jesus bezeichnete es als höchstes Gebot:
Jesus aber sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« (5. Mose 6,5). Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“
Liebe deinen Nächsten bedeutet nicht „liebe die, die dir am ähnlichsten sind“.
Um diesem Missverständnis entgegenzuwirken geht Jesus auf die Aussage einiger ein, die versuchten sich genau das zu Recht zu legen. Er wusste, dass einige sagten: „Du sollst deinen Nächsten lieben (3. Mose 19,18) und deinen Feind hassen.“ Darauf begegnet er ihnen:
Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“
Jesus spricht von Liebe. Liebe ist bei Jesus niemals ein Gefühl, sondern eine Hingabe. Und für jemanden bitten bedeutet nicht leeres Gereden und trotzdem wegschauen.
Ja, all die Not der Welt löst Ausweglosigkeit in mir aus.
Deswegen bin ich umso dankbarer für Jesus letzte Worte in denen er uns seinen Frieden verheißt. „Seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“
Und wie er das hat!
Demütig, schuldlos die Schuld getragen um uns frei zu machen. Jesus überwindet die Welt nicht in Macht und Herrlichkeit, sondern selbstlos und hingebungsvoll.
Jesus hatte dabei nicht nur den Freispruch von Schuld in Bezug auf die Ewigkeit im Sinn. Auch die Freiheit von ungerechten Verhältnissen auf dieser Welt.
Ich weiß, eine Antwort auf die Wahlfrage des Bundestags kann dieser Text nicht geben. Aber vielleicht ein Denkanstoß für den Umgang mit der Not dieser Welt. Lasst uns daraus keine undefinierte Masse der Not werden lassen. Sondern stattdessen den Einzelnen im Blick haben.
Am Sonntag sollten wir alle wählen gehen und zwei Kreuze setzen. Die beste Nachricht ist: Gott hat seine Wahl schon getroffen. Mit seinem Kreuz wählt er dich!
Die ganze Bibel spricht von Gottes Einsatz für Unterdrückte, Arme, Alleinstehende, Minderheiten, Geschlagene, Barfuß laufende. Können wir wirklich daran zweifeln wohin Gottes Blick in Tagen wie diesen gerichtet ist?
Die Frage ist, wohin ist unser Blick gerichtet?
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