Auf Kurs der Prioritäten?
Ich bin eine Person, die sich gerne Ziele setzt und immer wieder ihre Lebensweise und Prioritäten überprüft.
Vor mehr als einem Jahr bin ich von den Philippinen zurück nach Deutschland gekommen. Vor und nach meiner Zeit auf den Philippinen habe ich mir bestimmte Sachen vorgenommen. Auf den Philippinen ist eine Liste mit Prioritäten entstanden, die ich nicht vergessen wollte. Darauf standen geistige, aber auch ganz praktische Dinge. Einige davon habe ich geschafft:
- meinen Geburtstag feiern
- weiter Sport treiben
- wieder einen Hauskreis starten
- bewusst anderen etwas Gutes tun
Andere Dinge werde ich niemals abschließend erfüllen:
- weniger Sorgen und Gedanken machen
- den Moment genießen bevor er zur Erinnerung wird
- das Leben langsamer leben
Und einige Sachen hätte ich erledigen können, habe es aber nicht geschafft:
- ein angefangenes Buch zu Ende schreiben
Ich mag es, mir ganz praktische Dinge vorzunehmen. Dann arbeite ich an Dingen, für die ich mich bewusst entschieden habe und die mir wichtig sind.
Eine Gefahr dabei ist, dass man in Aktionismus und Leistungsdenken verfällt. Ich bin da sicherlich gefährdet. Ich liebe Tage, an denen ich vieles von dem geschafft habe, was mir wichtig war.
Nicht ohne Grund war eines der Dinge, die ich mir auf den Philippinen vorgenommen habe: mein Leben langsamer zu leben.
Der volle und so wunderbare Alltag
Lass ich dir ein paar Stichworte meines Jahres 2016 um die Ohren hauen:
Verlobung, Hochzeitsplanung und Studium, Umzug, Hochzeit, Wohnungseinrichtung und Einleben, Beginn einer Traumatherapieausbildung zusätzlich zum Studium, Zeit mit Freunden verbringen, Bloggen, zwei Wochen Betreuer in einem Sommercamp, Planung und Beginn der Masterarbeit, Nebenjob, Flitterwochen in Mexiko, vier Klausuren, sechs Referate (inklusive Vorbereitung und Gruppentreffen)…
Hast du den Eindruck ich habe mein Leben langsam gelebt?
Richtig. Habe ich auch nicht!
Sehr wohl habe ich das Leben und sehr oft auch den Moment genossen. Jede Woche war voll von Dankbarkeit und Zeit mit Freunden und meistens auch mit Zeit für mich selbst und Gott. Ich habe viel Musik gemacht, an der Mosel gegrillt oder Wein getrunken, lange Spaziergänge alleine mit Gott oder mit Freunden gemacht.
Die Kontinuität einer Sinuskurve
Doch vieles davon lebte ich schnell und zielstrebig. Und zu oft fiehl es mir eben doch schwer, ein Treffen mit einer lieben Freundin, die fast nebenan wohnt, in meine Woche zu integrieren. Die kostbare Zeit zu Beginn unserer Ehe als Ehepaar war auch eher knapp. Und leider sind die Blogbeiträge in den letzten Monaten sehr zurückgegangen. Das alles bedauere ich wirklich sehr. Ich bekomme viele positive Rückmeldungen für meinen Blog, worüber ich mich sehr freue. Und dennoch glaube ich, dass ich am meisten profitiere, wenn ich meine Gedanken sortiere, sie auf Papier bringe und mir bewusst mache, was das für mich und meine Glaubensreise bedeutet.
Mein Gebetsleben ist wie eine Sinuskurve: mal intensiv, mal fast eingeschlafen. Ich wäre so gerne eine Frau des Gebets, ich würde so gerne diese Kraft, die uns im Gebet gegeben ist für mich selber und für andere nutzen. Immer wieder aufs Neue nehme ich mir erneut vor mehr Zeit bewusst in Gottes Nähe zu verbringen. In unseren Flitterwochen in Mexiko habe ich ein kleines Bibelversexperiment gemacht. Dabei hat Gott mir an einem Tag das Gebet wieder neu aufs Herz gelegt. Wieder habe ich mir vorgenommen Gott intensiver zu suchen. Diesmal habe ich es ganz konkret gemacht: Mein Ehemann und ich sind dem Verlangen nachgegangen wieder einen Hauskreis zu starten. Zudem habe ich zwei feste Tage, an denen ich früher aufstehe und manchmal stundenlang bete und die Bibel oder andere christliche Bücher lese. Als Student habe ich die Freiheit, diese Zeit beliebig weit in den Mittag zu ziehen. 😉 Wir Studenten sollten diese Zeit nutzen. Für meine Gebetszeit habe ich ein Gebetstagebuch angefangen und schon einiges erlebt:
- erstens bin ich erstaunt, wie Gott Gebetsanliegen an mich heranträgt. Als würden andere Menschen das wissen, berichten sie mir plötzlich von Schwierigkeiten und bitten mich, für sie zu beten.
Das tue ich mit Freuden und doch in einer gewissen Qual. Ich stehe für sie im Gebet ein, was für mich bedeutet mitzuempfinden und für sie zu kämpfen.
- Und zweitens bin ich schon nach kurzer Zeit von den Auswirkungen dieser Gebete begeistert. Gott handelt. Er tut so viel. Und je konkreter ich bete, desto konkreter kann ich Gottes Wirken beobachten.
Und plötzlich fiel das ein und das andere hinten runter
Diese Euphorie hat mich noch mehr Zeit im Gebet und im Lesen verbringen lassen. Nach ein paar Wochen merkte ich: Ich habe doch ein paar Stunden zu wenig geschlafen, habe zu viele Nächte mit Freunden über die tiefen und weiten des Lebens diskutiert, mache zu viel Musik und versuche mit effektivem Arbeiten in den Morgenstunden das nötigste Pensum an Unikram zu erledigen. Ich merkte, dass ich wenig Tagebuch und noch weniger Blogbeiträge schrieb.
Ein moderates Maß an Stress halte ich sehr gut und lange aus. Psychologisch gesehen macht uns nicht krank wie viel wir tatsächlich zu tun haben, sonder für wie stressig wir das erleben. Oft packe ich Termin um Termin und Aktion um Aktion in meinen Tagesplan und bekomme mit gutem Zeitmanagement ziemlich viel geregelt, ohne mich gestresst zu fühlen.
Doch irgendwann ist auch mein Tag voll!
Zusätzlich habe ich gerade einiges mit mir selbst und Gott auszumachen, was auch Kraft kostete.
Und ich merkte: Ich muss streichen! Ich will wieder bloggen! Ich habe weitere Visionen, die ich in diesen vollen Tagesplan nicht unterbekomme. Ich möchte ein Buch und Lieder schreiben. Ich möchte Fotoshootings machen. Ich möchte etwas starten, das gedanklich noch gar nicht richtig formuliert, geschweige denn spruchreif für den Blog, ist.
Ich möchte mehr und gleichzeitig möchte ich weniger
Ich möchte das Leben langsamer leben. Langsamer und bewusst. Ich möchte jeden Morgen beten: „Herr, zeige mit, wofür du mich an diesem Tag gebrauchen möchtest.“ und dabei möchte ich keine Angst haben, dass er tatsächlich meinen Tagesplan umwirft. Ja, ich vermisse das blogge. Ich vermisse es, der Welt zu erzählen, wie spannend das Leben mit Gott ist.
Stopp!
So habe ich mich entschieden, meinem eigenen Leistungswillen einen Hebel vorzusetzen. Ich werde nicht versuchen mein Studium in drei statt vier Semestern (denn das erste Mastersemester war ich auf den Philippinen) durchzuziehen. Wieso auch?! Ich mache ja schließlich nebenbei noch eine Traumatherapieausbildung. Ich werde meinen Nebenjob, den ich sehr gerne gemacht habe, erst einmal aufgeben. Ich habe das Glück, dass mein Ehemann angefangen hat zu arbeiten, sodass ich mir diesen Freiraum leisten kann. Ich höre mit diesem Job auf, obwohl er echt wunderbar war (Musikpädagogik), denn er ist nicht das, was ich professionell und langfristig machen möchte. Eines meiner professionellen Ziele ist es Traumatherapeutin zu sein, nicht Musikpädagogin. Ich habe mich entschieden meine Zeit nicht einfach mit dem zu füllen, was Spaß macht, sondern mit dem, worin ich Gottes Willen und/oder meine eigenen Ziele sehe. Und wenn diese beiden einmal nicht übereinstimmen, ist es immer Ersteres, was mir richtungweisend sein soll.
Ich werde mir mehr Zeit nehmen. Jedoch möchte ich auf keinen Fall weniger Zeit sinnvoll nutzen! Ich möchte die Zeit, die ich habe zur Erreichung meiner Ziele und zum Abgleich dieser mit Gottes Zielen nutzen. Das beinhaltet auch meine liebgewonnenen morgendlichen Gebete, denn in diesen lasse ich Gottes Anliegen mein Herz bewegen.
Das beinhaltet genauso Treffen mit Freunden, einfach dumme Gespräche führen oder tiefsinnig über den Sinn des Lebens nachsinnen. Als ich letztens eines dieser Gespräche hatte spürte ich wieder, dass es genau das ist, wofür ich auf dieser Welt und in genau diesen Beziehungen stehe.
Kein Appell an die perfekte Lebensplanung
Dieser Blogpost ist kein Appell an eine perfekte Lebensplanung! Das Leben lässt sich nicht planen. Das habe ich spätestens zum Ende meines Bachelors akzeptiert. Aber das Leben lässt sich gestalten.
Es ist auch kein Post für die reine Vernunft und gegen Leidenschaft und Spontanität. Genau das Gegenteil: Es ist ein Versuch beide Bereiche in einem Leben zu verbinden. Ich möchte mir bewusst den Freiraum für Gottes Spontanität schaffen. Ich möchte bewusst kleine Schritte im großen Reich Gottes gehen.
Motiviert von diesem Blogpost werde ich – wie schon im Jahr 2014 und 2015 – Gedanken zum Jahresrückbick 2016 und zusätzlich Visionen und Inspiration für das Jahr 2017 aufschreiben.
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