Lebensvorstellungen verändern sich
Vor einiger Zeit strebten die Mehrheit nach einem hohen Lebensstandard, Luxus und Überfluss.
Plötzlich jedoch verlassen immer mehr Menschen genau dieses Leben. Sie kündigen ihren sicheren Arbeitsplatz, ihre große Wohnung und packen einige lebenswichtige Dinge in einen kleinen Rucksack. Die restliche Habe wird verschenkt, verkauft oder verstaut. Überfluss wird zum Überdruss.
Dann geht es in die weite Welt hinaus. Meistens einfach nur zum reisen. Oft nach Asien.
Wieso machen das heutzutage so viele Menschen? Wieso verlassen sie plötzlich das, was sie zuvor erreichen wollten?
Vorfreude ist die beste Freude
Oft malt man sich die Dinge besser aus, als sie sind.
Wir streben nach einem guten Studium und einer festen Arbeitsstelle. Wenn wir dies haben und uns eine tolle, helle Wohnung leisten können und möglicherweise einen lieben Partner haben, merken wir nach einiger Zeit, dass wir irgendwie mehr vom Leben erwartet haben. Besonders, wenn unsere Arbeit und vom leben abhält, werden wir – zu Recht – unzufrieden.
Arbeitgeber erwarten immer mehr von ihren Angestellten und diese wiederum erwarten mehr vom Leben.
Unsere Generation hat das wunderbare Vorrecht, dass es super einfach geworden ist zu reisen. Wir aus dem Westen können uns Flugzeugtickets leisten und beinahe überall hingelangen. Diesen Luxus schätze ich sehr. Und viele andere scheinbar auch.
Es kommt zu dem Punkt, dass das Leben einen zum wiederholten Male enttäuscht und die Sehnsüchte des Herzens nicht gestillt werden. Wer dann nach dem großen Glück greifen möchte, kauft ein Flugticket möglichst weit weg. Ganz nach dem Motto
„you can’t buy happiness, but you can buy a plane ticket and that’s kind of the same thing.„
Wieso reisen glücklich machen kann
Der Psychologe Amit Kumar fand heraus, dass die Vorfreude auf ein besonderes Erlebnis angenehmer ist, als die Vorfreude auf einen materiellen Kauf. Auf ein Erlebnis kann man sich mit positiver Aufregung und weniger mit negativer Ungeduld freuen. Sich auf eine Reise zu freuen ist demnach etwas ganz anderes, als sich auf das neue IPad zu freuen.
Von einer Reise – alleine oder gemeinsam mit dem Partner – erhofft man sich, sich selber zu finden, den Moment wieder zu genießen und einfach frei zu sein.
Und das kann ich so gut nachvollziehen!
Sich von den vorgegebenen Strukturen unserer westlichen Welt zu lösen, kann so erleichternd sein. Sich von dem angehäuften Besitz in unserer zu großen Wohnung zu trennen, kann befreiend sein. Sich von der Vorstellung zu entfernen, immer leisten zu müssen, kann entspannend sein.
Die Erfahrung, dass man mit weniger Dingen glücklicher ist, ist eine ganz besondere.
Man konzentriert sich wieder auf das wesentliche: den Moment.
Ist das nicht eine egoistische Art zu reisen?
Manchmal frage ich mich allerdings, ob aus dem westlichen Konsum nicht ein Konsum der Welt wird. Man gebraucht die Welt zur Befriedigung eigener Bedürfnisse. Man möchte Abenteuer erleben, verschiedene Kulturen kennen lernen – meistens jedoch nicht zu tiefgehend. Die Welt wird konsumiert, doch wird auch etwas zurück gegeben?
Viele reisen alleine, unter anderem, weil sie ihre Reiseplanung nicht nach anderen Menschen ausrichten möchten.
Das Ziel ist es, den eigenen Horizont zu erweitern. Doch wird dadurch nicht auch ein stückweit die Selbstzentriertheit gefördert?
Natürlich muss man in einer Gruppe – und auch mit dem Partner – aufeinander achten und Kompromisse schließen können. Doch sind das nicht Charaktereigenschaften, die in allen Lebensbereichen wichtig sind?
Hält das Reisen, was es verspricht?
Unsere Generation kommt mit Sicherheit eines Tages an den Punkt, an dem sie sich fragt, ob das Reisen hält, was es verspricht.
Ob die Antwort dabei ja oder nein lauten wird, hängt vom Einzelfall ab.
Es gibt noch weitere Arten zu reisen
Zur Zeit befinde ich mich auch auf einem anderen Kontinent als Europa. Es ist allerdings weder eine Reise mit Freunden, noch eine Reise alleine.
Es ist eine Reise mit Gott zu den Menschen einer anderen Kultur.
Ich bin seit 2,5 Monaten auf den Philippinen und habe das Land bis jetzt nicht sonderlich bereist. Über die zwei kleinen Trips, die ich bis jetzt machen konnte, bin ich allerdings sehr dankbar. Mir ist es wichtig, das Land kenne zu lernen, in dem ich bin.
Hier kannst Du lesen, wo ich auf den Philippinen gereist bin:
Motorrad, Meer, Medizin und Mehr – Philippinen
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt – eine Auszeit auf Camiguin
Verschiedenste Leute sagten dir:
„You should discover the Philippines.“ (Du solltest die Philippinen erkunden.)
Ich begegnete ihnen: „That`s not why I`m here for. I am here to discover the Filipinos.“ (Dafür bin ich nicht hier. Ich bin hier um den Filipinos zu begegnen.)
Für 5 Monate bin ich in diesem wunderschönen Land, um Menschen an den hässlichsten, dreckigsten und erbärmlichsten Orten zu begegnen.
Zurzeit lebe ich in einer alten Schule, die wegen eines Feuers im Slum als Evakuierungszentrum für diese Brandopfer dient. Diese Schule befindet sich mitten im Armenviertel am Rande der Müllkippe. Als Bett dient mir ein einfacher Tisch. [Dazu im nächsten Beitrag mehr.]
Diese Reise in die Nöte dieser Welt ist die intensivste, die ich je erlebt habe. Es ist unvergleichlich mit einer wundervollen Reise nach Irland oder verschiedenen Reisen alleine.
Niemals zuvor bin ich mir selbst so intensiv in anderen begegnet. Selten, habe ich Gott so erlebt wie im Moment. Und viele Beziehungen, die ich über die Ferne pflege, sind intensiver als eh und je.
Ich kann schlecht in Worte fassen, was ich hier erlebe. Es berührt mich so intensiv, dass es mich und mein Leben wohl sehr stark beeinflussen wird.
Schon jetzt weiß ich, dass es die beste Entscheidung meines Lebens war, 5 Monate meiner Zeit für diese wunderbaren Menschen zu investieren.
Das Besondere dabei ist, dass ich nicht nur vorbei schaue, sondern dabei sein darf. Ich sehe nicht nur ihre Not, sondern ich lebe mit ihnen in dieser Situation. Ich darf sie kennen lernen, mit ihnen weinen, lachen, waschen, beten, spielen, singen, müde und zufrieden sein.
Der Blick weg von mir selbst
Besonders lerne ich, von meinem oft selbstzentrierten Denken Abstand zu nehmen und die Bedürfnisse der anderen höher zu achten, als meine eigenen. Irgendwie ist das total heilsam.
Dadurch, dass ich nicht meine Probleme, sondern die der anderen fixiere, werden meine Probleme plötzlich weniger erdrückend.
Die goldene Mitte
Die Balance im Leben ist wichtig. Ich kann mich nicht 24 Stunden, 7 Tage die Woche, jahrelang nur in andere investieren. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst beinhaltet, dass man auf sich selbst Acht gibt.
Ich reise total gerne zu atemberaubenden Orten dieser Welt. Das ist für mich eine wunderbare Auszeit vom Alltag. Für manche allerdings ist das Reisen Alltag geworden. Sie haben alles hinter sich gelassen und reisen durch die Welt. Unter Bloggern ist das fast eine Modeerscheinung.
Wenn sich der Alltag einschleicht, schleichen sich wahrscheinlich auch Probleme, Enttäuschungen und Ruhelosigkeit ein.
Wie sieht das bei dir aus? Hast du auch schon einmal deinen Rucksack gepackt, vieles hinter dir gelassen und bist verreist? Was waren deine persönlichen Ziele dabei?
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