„Sunog! Sunog!“
Feuer! Feuer!
Am Donnerstag, den 18. Juni 2015 brennt es um 3 Uhr nachts im Armenviertel am Rande der Müllkippe.
Das Feuer bricht im dichtbesiedeltsten Teil des Slums aus. Auf einer Fläche von ca. 160 Quadratmetern stehen 29 aus Wertstoffen zusammengebaute Hütten und beherbergen mehr als 150 Menschen.
Diese Hütten aus Pappe und Holz brennen lichterloh…

Inmitten des verbrannten Gebiets sind die Kinder immer noch für Spaß zu haben.

Im Hintergrund rechts die sogenannte „Smokey Mountain Christian Church“. Den Namen fand ich auf der Müllkippe damals schon ironisch, jetzt grenzt er fast an Sarkasmus.
Die traurige Bilanz
34 Familien verlieren schlagartig das Wenige, das sie besaßen. 150 Menschen sind obdachlos.
Ein dreijähriger Junge verbrennt.
Sein Vater und 5 weitere Personen müssen mit schweren Verbrennungen ins Krankenhaus.
Der Vater liegt 3 Tage im Koma. Während der Beerdigung seines eigenen Sohnes verstirbt er im Krankenhaus.
Die Mutter bleibt mit einem kleinen Mädchen zurück.
Ohne Hütte.
Mit ein wenig gesponsortem, lebenswichtigem Besitz.

Die junge Mutter, die Mann und Kind verloren hat
Eine alte Schule wird zum Evakuierungszentrum
Island Kids Philippines hat verschiedenste Projekte mit diesen Menschen im Armenviertel. Sofort ist klar, dass die alte Schule als Evakuierungszentrum genutzt werden soll.
Diese Schule liegt mitten im Armenviertel, sodass die Opfer nicht von ihrem gewohnten Umfeld und ihrem Arbeitsplatz – der Müllkippe – weg müssen.
Einzug ins Evakuierungszentrum
Am Tag des Brandes bin ich von morgens bis zum späten Nachmittag vor Ort und helfe die eintreffenden Spendengüter zu verpacken und zu verteilen.
Auch der darauffolgende Tag ist lang und ereignisreich.
Da wir abends mit den Menschen singen und beten, wird es spät und ich bleibe einfach dort.
Den ganzen Tag habe ich in meinem T-Shirt gearbeitet und geschwitzt, habe keine Wechselklamotten und kann mich am nächsten Morgen nicht umziehen. Eine Frau, die gerade alles verloren hatte, drückt mir mit einem Lächeln ein sauberes T-Shirt in die Hand.
Ich bin so dankbar und berührt. In erster Linie nicht wegen des T-Shirts, sondern für Menschen, die von zwei T-Shirts eins abgeben.
Natürlich wasche ich das Tshirt und gebe es wieder zurück. 😉
Gebraucht werden und anpacken
Am nächsten Morgen frage ich mich, wo ich wohl gerade mehr gebraucht werde – im Shelter oder im Evakuierungszentrum?
Diese Frage kann ich mir sehr schnell beantworten.
Kurz absprechen und Sachen packen.
Ich packe drei Hosen, drei T-Shirts, Malsachen, Kamera und Bibel ein und ziehe zu den Brandopfern ins Evakuierungszentrum.
Seit fast zwei Wochen dient mir nun ein Tisch treu als Bett. Er hat sich noch nicht über Identifikationsprobleme beschwert. 😉
Gott ist dabei
Durch diese Erfahrung mit den Ärmsten der Ärmsten habe ich mein Herz auf eine ganz tiefe Art und Weise an sie verloren.
Die Situation ist schlimm und die Menschen tun mir sehr leid. Besonders weine ich mit der jungen Frau, die ihren Mann und ihren kleinen Jungen verloren hat.

Beerdigungsgottesdienst des verstorbenen Mannes
Doch trotz Genau wegen dieser schwierigen Situation bin ich so dankbar, vor Ort zu sein.
Denn oft sieht man Gottes Wirken gerade in den schwierigen Zeiten. Dadurch, dass die Menschen hier im “Evakuierungszentrum” sind, können wir die Sachspenden gut sammeln und verteilen. Wir können uns um sie kümmern und es ist eine ganz besondere Gemeinschaft entstanden. Und dass, obwohl genau diese Menschen früher nicht gerade offen für die Arbeit von IslandKids Philippines waren.
Von der Kirche hier im Armenviertel ist die Frontseite abgebrannt, sodass der Gottesdienst die ersten drei Sonntage im Evakuierungszentrum stattfindet. Viele der Brandopfer nehmen freudig dran teil, genau wie an unseren abendlichen Bibelandachten.
Dafür, dass es hier im Haus so gut läuft bin ich total dankbar. Die Menschen halten sich an die wenigen Regeln, die aufgestellt wurden, sind zufrieden und sehr unkompliziert. Es ist total angenehm hier mit ihnen zusammen zu leben. Immerhin sind es über 100 Menschen, das hätte auch schwieriger sein können.
Diese kleinen Begegnungen
Für mich sind es die kleinen Dinge, die meine Zeit hier so wertvoll machen. Keine großen Projekte, die wir durchführen, sondern das einfache da-sein für die Menschen.
Zu spüren, dass Menschen dankbar für deine Gegenwart sind, ist so erfüllend.
Ich male viel mit den Kindern, spiele Basketball, Seilspringen oder Gitarre. Ich habe einige ihrer Lieder auf Bisaya gelernt und singe sie mit ihnen rauf und runter. Mittlerweile ist es einfach Alltag geworden. Ich komme den armen Menschen näher, teile auf eine gewisse Art und Weise ihr Leben im Slum und erlebe wunderschöne wie auch schwierige Momente mit ihnen.
Momentaufnahmen:
Die Menschen hier sind so dankbar. Sie freuen sich über jede Art von Zuwendung. Selbst, wenn nichts gesagt werden kann, zeigen mir ihre Blicke, dass sie dankbar sind, dass ich da bin.
- Eine ältere Frau drückt immer wieder ganz oft liebevoll meine Hand und umarmt mich. Dann fühle ich mich irgendwie zuhause.
- Wenn ich mir die Gitarre schnappe und mich in den Eingangsbereich setze, kommen sofort 3-20 Kinder und möchten singen. Und das tun sie dann aus vollem Halse.
Diese Momente, in denen ich dort mit den Kindern sitze, die gerade alles verloren haben und wir lautstark unseren Gott auf Bisaya anbeten, sind unvergleichlich. Als ich die Jungs nach einem Abend voller Gesang “ins Bett” (auf den Boden) bringe, sagen sie “I love you, thank you for being here.” Mir stockt der Atem und ich sage nur “I love you, too.” Und das meine ich aus tiefstem Herzen.
In dem Video sind die Kinder etwas schüchtern wegen der Kamera, normalerweise singen sie noch leidenschaftlicher.
- Zu Beginn meiner Zeit hier in Cagayan de Oro habe ich die jungen Männer oft auf dem Basketballfeld gesehen und war meistens froh, wenn ich wieder weg war. Irgendwie fühlte ich mich unwohl.
Jetzt wohne ich mit ihnen zusammen. Und ich fühle mich wohl! Wir lernen uns kennen, aus einem schüchternen Grinsen wird ein Lächeln und aus einem Lächeln gemeinsames Lachen. Darüber, dass ich ihre Lieder singen und ihre Sprache ein wenig sprechen kann, freuen die Filipinos sich besonders. Ich denke, es ist eine Art Wertschätzung für sie. Zudem ist mein gebrochenes Bisaya immer ein guter Grund zum Lachen. Mittlerweile verstehe ich es so gut, dass ich sogar mit ihnen rumalbern kann.
Eines Abends kommen die Männer zu mir und wollten, dass ich ihnen ihre Lieder beibringe. Die müssen sich gedacht haben: Wenn die unsere Lieder lernt, können wir das auch! Und so nähern wir uns immer weiter an. Ich zeige ihnen die Griffe auf der Gitarre, singe Lieder vor und sie lachen über mein Bisaya. Schon am zweiten Abend können sie bei unserer Bibelandacht zwei Lieder spielen. Das ist einfach das coolste, wenn sie von sich aus etwas selbst in die Hand nehmen.
- Da ich hier schlafe, bin ich da, wenn ein kleiner Junge sich spät abends das Knie aufschlägt. Ich wasche vorsichtig die Wunde aus und behandle sie mit Desinfektionscreme. Während er darauf wartet, dass die Wunde trocknet, spiele ich ihm auf der Gitarre ein paar Lieder vor und er scheint den Schmerz vergessen zu haben.
- Einer jungen Mutter laufen bei der abendlichen Bibelandacht Tränen über die Wange und ich darf ihr meinen Arm um die Schulter legen. Ich bete für sie – still für mich, weil es mir irgendwie unangenehm ist, durch mein lautes Gebet die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen.
- Ich spiele mit den Kindern barfuß auf dem verdreckten Platz Basketball oder gucke ihnen einfach dabei zu. Sie grinsen mich vom Spiel aus an und ich nehme wahr, dass es einen Unterschied macht, wenn man ihnen zuschaut. Sie fühlen sich wertgeschätzt.
- Und wenn ich das Gefühl habe, ich tue überhaupt nichts, kommt ein kleines Mädchen, setzt sich grinsend neben mich und lehnt ihren Kopf an mich.
Manchmal jedoch möchte ich mehr tun, mehr Aktionen starten und mehr verändern. Doch immer wieder merke ich, dass ich in einer Zeit von 5 Monaten vor allem dadurch dienen kann, dass ich einfach da bin; dass ich den Menschen Wertschätzung und Liebe entgegenbringe.
Danke für eure Gebete und Unterstützung!
Wenn Du diesen Einsatz oder meinen Blog gerne unterstützen möchtest, kannst du hier klicken.